ISBN : 9783498001377
Fester Einband : 320 Seiten
Verlag : Rowohlt
Erscheinungsdatum : 10.03.2020
Genre : Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Der Mann mit der Maske
Berlin 1896: Hugo von Tschudi, der neue
Direktor der Nationalgalerie, eröffnet eine Sonderausstellung und bringt den
Impressionismus nach Berlin. Er hat mit der Unterstützung von Max Liebermann in
Paris in die Zukunft investiert und Gemälde und Plastiken von Degas, Rodin,
Manet, Cezanne, Monet u.v.a. gekauft. Die Ausstellung ist ein Erfolg, sie
spaltet die künstlerisch „Blinden“ von den „Sehenden“, wie Tschudi sich
ausdrückt. Man liebt oder hasst sie und damit gleichsam auch ihn, aber auf
jeden Fall ist er in aller Munde. „Sie sind die Art Mann, die seine
Feinde gar nicht mehr berühren muss, um sie zu töten.“ (S. 19)
Doch man starrt
nicht nur die Bilder an, sondern auch ihn, den Direktor, weil sein Gesicht von
der Wolfskrankheit (Lupus) gezeichnet ist. E trägt oft Halbmasken, um wenigstens
die schlimmsten Wunden zu verstecken.
„Tschudi“ ist
das Portrait eines Mannes, der für die Kunst und gegen seine Krankheit kämpft.
Er ringt stets um Anerkennung – die der Bilder und ihrer Schöpfer – und darum,
selbst erkannt und (an)gesehen zu werden, dass man ihm ins Gesicht schaut ohne
abgestoßen zu sein.
Immer wieder
erklärt er dem Kaiser, Kritikern und interessierten Besuchern, dass die modernen
Gemälde nicht mehr die Gegenwart projizieren. Im Vordergrund stehen nicht der
Inhalt, sondern die Farben und das Licht, welche darauf eingefangen werden.
Aber Berlin scheint noch nicht bereit zu sein für die Moderne. Seine Gegner
sammeln sich. Auch Wilhelm der II. ist entsetzt – warum werden im Deutschen
Nationalmuseum keine deutschen, sondern Bilder jüdische Ausländer gezeigt?! Nationalistische,
rassistische und antisemitische Parolen werden laut. Die Emotionen kochen hoch.
Doch nicht nur
seine Gegner, auch seine Krankheit behindert ihn. Nicht alle können sich
verstellen, er sieht ihnen den Ekel und die Angst an – das kränkt und ärgert
ihn. Denn Lupus ist nicht ansteckend (im Gegensatz zur Syphilis, die in Berlin
grassiert), aber er ist schmerzhaft und wird ihn irgendwann umbringen. „Ich
bin kein Mensch, der krank ist – ich bin ein Kranker, der ein Mensch ist.“
(S. 73)
Die
Auswirkungen des Lupus werden sehr detailliert beschrieben und haben selbst
mich, die ich diese Krankheit leider nur zu gut kenne, immer wieder erschreckt.
Ich kann also sowohl Tschudi als auch seine Gegenüber sehr gut verstehen und mich
in sie einfühlen.
Mariam
Kühsel-Hussaini schreibt sehr literarisch, manchmal etwas sperrig. Ich musste
viel nachschlagen, weil es nur kurz angedeutet oder erwähnt wird. Sie
beschreibt Treffen mit Freunden, anderen Kunstinteressenten, Berühmtheiten, Gedankenfetzen
und Episoden. Dadurch erinnerte mich die Handlung oft an Tagebucheinträge.
Trotzdem ist das Buch sehr spannend (und leider auch sehr schnell ausgelesen).
Man bekommt einen guten Einblick in die damalige Kunst Welt, wie sie
funktioniert, wer dazugehört – eine umfangreiche Milieustudie.
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