ISBN : 9783499276743
Flexibler Einband : 480 Seiten
Verlag : ROWOHLT Taschenbuch
Erscheinungsdatum : 21.07.2020
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Zeitenwende
München 1919: Nachdem
ihr Bruder kurz nach dem Krieg an der Grippe gestorben ist, soll Clara das
Brauhaus Bruckner von ihren Eltern Melchior und Antonia übernehmen. Aber Clara
kann den Schmerz über den Verlust ihres Bruders nicht überwinden, außerdem
gehört sie einer Strömung an, die ein Leben mit Freikörperkultur und Sport und ohne
Alkohol- und Fleischkonsum führen will. Trotzdem ordnet sie sich dem Willen
ihrer Eltern unter und lässt sich in das Brauwesen einarbeiten, studiert sogar
Chemie und drückt dem Familienunternehmen ihren eigenen Stempel auf – sie braut
alkoholfreies Malzbier und lässt mit Wasser verdünnten Saft ausschenken, um mit
den Männern auch deren Familien ins Gasthaus zu locken.
Clara ist eine
starke Persönlichkeit mit Herz, Verstand und Schnauze. Sie muss sich den
Respekt ihrer Angestellten und das Vertrauen ihrer Eltern erst verdienen. Zum
einen, weil sie „nur“ eine Frau ist, und zum anderen, weil die Arbeiter Angst
haben, dass sie die Produktion komplett auf alkoholfreies Bier umstellt und
deswegen Leute entlassen wird. Doch deswegen einfach einen passenden Mann zu
heiraten und ihm die Firma zu übergeben, ist für Clara keine Option. „Die
Welt stand ihr offen. Und ihre Aufgabe war es nicht, den richtigen Mann zu
finden. Sondern die Frau zu sein, die sie sein wollte.“ (S. 196)
Ihre Freundin Magdalena
hingegen wählt diesen Weg. Sie muss nach dem Tod des Vaters die Malzfabrik der
Familie leiten und wünscht sich einen starken Partner an ihrer Seite. Dass ihre
Wahl dabei auf Alfred fällt, der mit Hitler sympathisiert, passt Clara gar
nicht. Kann sie die Freundin vor ihm retten?
Außerdem fühlt sie
sich zu zwei Männern hingezogen. Der Journalist René hat im Krieg Furchtbares
erlebt. Er sucht ständig die Gefahr und den Nervenkitzel als Beweis dafür, dass
er noch lebt. „Bei ihm habe ich das Gefühl zu leben, als wäre nie Krieg
gewesen. Er hat so eine Leichtigkeit, ganz gleich, was um ihn herum geschieht.“
(S. 160) Aber ist er auch ein Mann fürs Leben?
Dann ist da
noch der undurchsichtige Ferdinand Schwabinger. Ein Mann mit Ambitionen, von
dem niemand weiß, wie er zu seinem Geld gekommen ist. Er will mit aller Macht
die Monarchie zurück, hat Interesse am Brucknerbräu und könnte Clara die Welt
zu Füßen legen ...
Der zweite Teil
der Münchner Brauhaus Saga von Julia Freidank dreht sich vor allem um Clara und
ihr Leben in einer Zeit, die ständig im Wandel scheint und sehr unruhig und
gefährlich ist. „Der Krieg ist vorbei, aber es schwelt in der Stadt. Ein
Funke genügt und alles brennt wieder lichterloh.“ (S. 59) Die
Räterepublik versucht nach der Absetzung des Königs den Freistaat Bayern als
sozialistischen Staat zu etablieren, es kommt zu Straßenkämpfen zwischen der
Reichswehr und der „Roten Armee“. Die Reparationszahlungen lösen eine Hyperinflation
aus, dazu kommen Arbeiteraufstände, Kreise, die die Monarchie wieder einführen
wollen, und Hitler, der immer mehr Anhänger um sich schart. Außerdem wollen die
Brauer unbedingt das Oktoberfest wiederbeleben, brauchen aber einen Schirmherrn
oder Sponsoren.
Julie Freidank
lässt eine interessante Zeit lebendig werden, in der es zumindest kurz so
aussah, als wären Frauen genau so viel wert wie Männer. Durch die vielen
Gefallenen oder als Invaliden Heimgekommenen sorgen oft die Frauen für den
Unterhalt der Familien. Sie können studieren, die Frisuren und Röcke werden
kürzer und man heiratet nicht gleich, nur weil man sich liebt, muss dann aber
auch mit dem Gerede der Leute leben. Doch schon bald wollen die Kirche und die
Nazis Frauen wieder auf ihren angestammten Platz verweisen – ins traute Heim
mit einer Schaar Kinder um sich, sich ihrem Mann komplett unterordnend.
„Das Brauhaus
an der Isar – Im Sturm der Zeit“ ist wieder sehr spannend, aber zum Teil etwas
langatmig. Ich hätte mir an einigen Stellen etwas weniger Politik und dafür
mehr Clara gewünscht.
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