Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung
Die Suchenden
Bonnie hatte nie große Träume für ihr Leben, vielleicht ein kleines Café führen, aber da, wo sie herkommt, träumt man nicht, man überlebt. Also jobbt sie in einem Imbiss und frittiert Fisch und Chips. Ihr Verdienst reicht gerade so um über die Runden zu kommen und ihrem Sohn Josh die am dringendsten nötigen Sachen zu kaufen. Dass sie mit 28 Jahren unverheiratet und alleinerziehend ist, kommt im erzkatholischen Dublin nicht wirklich toll an, sie wird deswegen oft schief angesehen oder muss sich dumme Sprüche anhören. Bonnie flüchtet sich dann in die Routine ihres Alltags und die Abenteuer, die sie für Josh ersinnt. Eigentlich sollte er längst in die Schule gehen, aber sie kann ihn noch nicht loslassen, sorgt sich, weil er anders als andere Kinder ist, schlauer, wissbegieriger, und die Welt mit anderen Augen sieht.
Eines Tages finden sie in einem Bus einen Hefter mit handschriftlichen Noten, einer Busverbindungsauskunft nach Ballystone, Galway, und einem Zeitungsartikel. Letzterer führt sie zu dem ehemals berühmten Konzertpianisten Robert. Obwohl ihm die Noten nicht gehören, will er sie ihr abkaufen, denn er weiß genau, wer die Stücke komponiert hat – ein früherer Schüler von ihm, der vor 18 Jahren verschwand. Als Bonnie nicht verkaufen will, überzeugt er sie, den Besitzer gemeinsam zu suchen. Sie folgen den Hinweisen an die Westküste. Dort platzen sie mitten in ein Musikfestival, doch niemand in dem kleinen Dörfchen Ballystone will den Komponisten der Noten kennen ...
Robert ist alt und einsam. Früher war er eingefeierter Star, später Lehrer an einer Privatschule. Doch seit der Rente und weiß er nichts mehr mit seiner Zeit anzufangen. „Die Musik war mein Lebenselixier, der Konzertsaal mein Zuhause, der Applaus meine Droge. Ohne das alles war ich … Nichts.“ (S. 97) Selbst die Suche nach dem verschwundenen Schüler hat er irgendwann aufgegeben. Die Reise mit Bonnie und Josh macht sein Leben plötzlich wieder bunt, aufregend und interessant. Sie holt ihn aus seinem Schneckenhaus und katapultiert ihn in ein Abenteuer, das ihm neue Perspektiven aufzeigt – denn noch ist sein Leben nicht vorbei.
Auch Bonnies Panzer, den sie nach dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren um sich und Josh aufgebaut hat, bricht endlich auf. Sie lernt, ihrem Sohn zu vertrauen und ihm mehr Freiheiten zu lassen.
Daran ist nicht nur ihr verrückter Roadtrip Schuld, sondern auch die leicht schrägen Einwohner des Dörfchens. Sie integrieren die drei Suchenden einfach in ihren Alltag, mischen sich ein, wo es ihnen notwendig erscheint, helfen oder stellen Forderungen. Ich habe dabei besonders den Dorfpolizisten Dan und die Pub-Wirtin Eireen ins Herz geschlossen.
Claudia Winter entführt uns mit „Ein Lied für Molly“ nach Irland und in die Welt der Musik. Sie schreibt über Familie und die eine große Liebe, über Loslassen und Ankommen.
Die Geschichte wird parallel über zwei Zeitebenen erzählt, neben der aktuellen Suche erfährt man Stück für Stück, was damals passiert ist. Mir hat übrigens der Teil, der in der Vergangenheit spielt, ein kleines bisschen besser gefallen als die Gegenwart.
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