Dienstag, 28. Mai 2019

Die Zarin und der Philosoph





ISBN : 9783471351789
Fester Einband : 496 Seiten
Verlag : List Verlag
Erscheinungsdatum : 02.05.2019
Genre : Historischer Roman
 
 
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG): Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
 


Die Seiten der Macht

„Die Zarin und der Philosoph“ beginnt 50 Jahre später genau so abenteuerlich, wie „Die Stadt des Zaren“ endete. Katharina nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand. Ihre Getreuen haben ihren labilen Mann Peter II. beseitigt, jetzt ist sie die alleinige Herrscherin. Ihr Sohn Paul ist (zum Glück noch) zu jung, um die Nachfolge selbst anzutreten. Ihr Credo ist: „Die Kunst besteht darin, die Schwächen der anderen zu kennen und sich entsprechend zu verhalten, um entweder keinen Ärger zu bekommen oder sich einen Vorteil zu verschaffen.“ (S. 36)
Parallel dazu bringt der Eremit Emilio sein Findelkind Sonja zu Katharina, die ihm noch einen Gefallen schuldet. Sonja ist ungefähr 5 Jahre alt und extrem intelligent. Katharina ist sofort von ihr fasziniert und fördert sie über viele Jahre, hofft, dass aus Sonja mal ihre engste Beraterin wird. Doch die kann dem Leben am Hof nichts abgewinnen, macht Katharina Vorwürfe und prangert die Unterschiede zwischen arm und reich immer wieder an. „Sie ist eine Despotin durch und durch im Deckmantel der Gönnerin.“ (S. 413)
Außerdem wird der deutsche Philosoph Stephan Mervier von König Friedrich von Preußen an Katharinas Hof schickt, um sie auszuspionieren. Stephans anfängliche Begeisterung für Katharina lässt bald nach, als die anderen Mitglieder eines geheimen philosophischen Zirkels ihm die Augen öffnen. „Was sie hier in Sankt Petersburg sehen, hat mit der russischen Wirklichkeit nichts zu tun.“ (S. 99)

Der neue Roman von Martina Sahler nähert sich Katharina der Große aus verschiedenen Blickwinkeln, um alle ihre Facetten zeigen zu können. Katharina selbst hält sich für sehr modern und fortschrittlich, schließlich führt sie kostenlose  Volkschulen und Gymnasien ein und gibt neue Gesetze in Auftrag. Sie fördert Kunst und Kultur, führt regen Briefwechsel mir berühmten Philosophen und Herrschern, holt z.B. Deutsche an die Wolga um das Land zu besiedeln und zu bestellen, überschüttet ihre liebsten Mitstreiter mit Titeln und Gütern. Auf der anderen Seite herrscht sie mit harter Hand. Ihre Gegner werden gnadenlos verfolgt und verbannt oder hingerichtet und von ihrer Macht will sie kein Fitzelchen abgeben. Darum mussten auch ihr labiler Mann sterben und darum hält sie ihren Sohn Paul klein – sie würde ihre Herrschaft nie freiwillig aufgegeben. Sie bindet sich auch nicht an einen neuen Ehemann, sondern verschleißt einen Liebhaber nach dem anderen. Ebenso sieht sie die Leibeigenschaft als gottgegen an. Diderots Aufruf: „Im Namen der Menschheit – modernisieren Sie Ihr Land!“ (S. 323) ist für sie natürlich ein persönlicher Affront.

Leider konnte mich der zweite Band um die Geschichte von Sankt Petersburg nicht ganz so mitreißen wie sein Vorgänger. Durch den großen Zeitraum von 14 Jahren, über den die Geschichte erzählt wird, und die verschiedenen zum Teil sehr kurzen Nebenstränge ergeben sich viele (Zeit)Sprünge und Ablenkungen, die meinen Lesefluss etwas gestört haben. Allerdings wird dadurch aber auch ein sehr umfassendes Bild von Katharina und den Zuständen in Russland während ihrer Regierungszeit gezeigt. Die Geschichte ist wieder sehr gut recherchiert und wird bildreich erzählt. Ergänzt wird sie durch eine Stadtkarte von St. Petersburg um 1765 und eine Landkarte von Russland um 1752 jeweils vorn bzw. hinten im Buchdeckel, ein Personenverzeichnis und eine Zeittafel für die Jahre 1725-1775.

Mein Fazit: Ein umfassendes Werk über Katharina die Große und ihre Zeit, aber leider nicht ganz so mitreißend wie Band 1. 3,5 von 5 Sternen

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