ISBN : 9783453422445
Flexibler Einband : 496 Seiten
Verlag : Heyne
Erscheinungsdatum : 11.05.2020
Genre : Historischer Roman
Werbung (gemäß §2 Nr.5 TMG)
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Vorab Hinweis: Zwar wurde mir ein kostenloses Exemplar zur Verfügung gestellt, dies hat aber keinerlei Einfluss auf meine nachfolgende Meinung.
Farina
Farina steht nicht nur für eine berühmte Kölner Parfüm-Firma
und deren Duft, sondern ist auch das italienische Wort für Familie. Und um
Familien und deren Geschichten geht es auch in Teresa Simons neuem Buch „Die Lilienbraut“.
Liv ist Parfumeurin und stammt aus den Niederlanden. Als
ihr Verlobter sie und ihren gemeinsamen kleinen Sohn verlässt, wagt sie dank
dem Erbe ihrer Tante Wimmi einen Neuanfang in Köln Ehrenfeld und eröffnet eine
kleine Parfumerie, in der sie Duftseminare gibt und individuelle Parfums für
ihre Kundinnen herstellt. An ihrem neuen Wohnort fallen ihr immer wieder
Hinweise auf die Edelweißpiraten auf, sie ist neugierig und fasziniert. Liv
weiß, dass ein Teil ihrer Familie von hier stammt und Deutschland nach dem 2.
WK verlassen hat, aber es wurde nie über die Gründe dafür geredet. Als sie dann
von einer alten Dame beschimpft wird, weil diese sie für „Nellie“ hält, beginnt
sie nachzuforschen und stößt auf ein altes Familiengeheimnis.
Köln in den 40er Jahren: Nellie arbeitet als Sekretärin
bei 4711 und trägt damit maßgeblich zum Unterhalt ihrer Familie bei. Ihre
Mutter betreibt seit dem Tod des Vaters die kleine Kölsch-Kneipe der Familie
und ihr jüngerer Bruder Martin geht noch zur Schule. Die Familie ist streng
katholisch und Nellie weiß, dass der Mann, in den sie verliebt ist, sie nie
heiraten dürfen wird – aber „Liebe fragt nicht, Liebe ist“ … Trost findet sie
in der Arbeit mit Luuk van Geeren, dem Chef-Parfumer von 4711. Als dieser entdeckt,
dass Nellie ein Gespür für Düfte hat, bildet er sie entsprechend aus.
Persönlich mag Nelli den Duft Farina am liebsten, der von der Konkurrenzfirma
hergestellt wird und den sie durch ihre beste Freundin Greta seit ihrer
Kindheit kennt.
Teresa Simon hat es wieder geschafft, dass mich die
Schicksale der beiden Frauen sofort in ihren Bann gezogen haben. Ich habe mit
ihnen mitgefiebert, gebangt und gehofft und gleichzeitig wieder viel Neues über
die Entwicklung von Düften und über Köln und seine Vergangenheit im
Nationalsozialismus gelernt.
Nellie und ihr Bruder Martin haben es als Katholiken in
der damaligen Zeit besonders schwer. Köln ist eine Nazi-Hochburg, alles
Andersartige soll ausgemerzt oder gleichgeschaltet werden. Die katholische
Jugendbewegung als Gegenstück zur Hitlerjugend ist der Obrigkeit ein Dorn im
Auge. Die Jugendlichen werden immer wieder überfallen und brutal misshandelt.
Viele schließen sich aus Protest den Edelweißpiraten an. Auch Martin sucht
deren Nähe, Nellie und ihre Mutter wissen kaum wohin mit ihrer Angst um ihn.
Außerdem unterstützen sie heimlich ihre jüdischen Nachbarn und versuchen,
wenigstens deren Kinder vor den Transporten in die Ungewissheit zu retten. Es
ist diese Hilfe, der Widerstand im Kleinen, mit denen sie sich in Gefahr
bringen, der mich besonders beeindruckt hat. Sie bleiben bei dem ganzen
Wahnsinn ringsum mitfühlende, hilfsbereite Menschen.
Besonders bewegt hat mich auch das Schicksal von Nellies
Freundin Greta. Ihre Familie stammt ursprünglich aus Italien und obwohl sie
schon seit Generationen in Deutschland leben, werden sie immer noch als
Ausländer angesehen. Um die Firma zu retten, fügt sich Greta pflichtbewusst in
die Ehe mit einem ungeliebten Nazi-Funktionär. Die Beziehung droht sie zu
zerbrechen, kann sie sich retten? Wenn ja, um welchen Preis?
In der heutigen Zeit kämpft die junge Muslima Nouria,
Livs Freundin und Angestellte, um ein freies und selbstbestimmtes Leben. Sie
will sich von ihrer Familie abnabeln, ohne deren Rückhalt und die Bindung zu
verlieren – eine sehr interessante Persönlichkeit.
Neben den starken Frauenfiguren, die Theresa Simons
Romane für mich immer so interessant und spannend machen, hat es mir diesmal
auch eine männliche Nebenfigur angetan. David ist ein Sinto mit berühmten
Vorfahren und Familienmitgliedern. Über die Geschichte seiner Familie hätte ich
gern noch mehr erfahren – vielleicht spielt ja im nächsten Buch der Autorin die
Hauptrolle?!
Leider habe ich auch die „Lilienbraut“ wieder viel zu
schnell ausgelesen. Es war ein Wechselbad der Gefühle, sehr emotional, und hat mich
gleichzeitig traurig und froh zurückgelassen. Traurig, weil einige meiner
Lieblingsfiguren nicht überlebt haben und froh, weil Teresa Simon in ihren
Büchern auch zeigt, dass man die Hoffnung und seine Menschlichkeit nie
verlieren soll. Ein Lesehighlight und besonderes Herzensbuch. #gegendasvergessen
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Wenn ich Euch jetzt neugierig auf die Welt der Düfte
gemacht habe, möchte ich Euch den Roman „Die Galerie der Düfte“ von Julia
Fischer ans Herz legen. Noch mehr Informationen über Köln in dieser Zeit könnt
ihr in „Das Mädchen aus der Severinstraße“ von Annette Wieners nachlesen, „DasBuch der vergessenen Artisten“ von Vera Buck erzählt u.a. vom Umgang der Nazis
mit den Sinti und Roma, genau wie „Gott wohnt im Wedding“ von Regina Scheer.
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